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Die OP

  • Autorenbild: Verena
    Verena
  • 5. Okt.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Okt.

Neben unserer Wohnung hatte vor einiger Zeit ein Gesundheitszentrum eröffnet, mit einem tollen Fitnessstudio, bei dem wir uns angemeldet hatten.

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Wenn ich zu Hause war und mich fit fühlte, trainierte ich.

Da ich ein Bewegungstyp bin, fiel es mir leicht, mich immer wieder zu motivieren, etwas zu tun.

Nach einem Fitnesstraining am Vormittag legte ich mich nochmals hin, um mich auszuruhen.

Plötzlich fing mein linker Fuß an zu kribbeln. Ganz seltsam.

Ich sprang aus dem Bett. Das Kribbeln zog sich blitzschnell die komplette linke Seite hoch. In dem Moment dachte ich, ich hätte einen Herzinfarkt.

Auch wenn ich nicht wusste, wie sich ein Infarkt anfühlt.

Voller Panik rief ich Werner im Geschäft an und bat ihn zu kommen.

Er sagte, er müsse erst warten, bis ein weiterer Mitarbeiter ins Büro kommt, um ihn abzulösen, da er Frühschicht hatte.

Ich hoffe sehr, dass sein Chef zu schätzen weiß, was er da für einen wertvollen, zuverlässigen Mitarbeiter hat.

Mittlerweile war aus dem Kribbeln ein Zittern geworden, das sich die ganze linke Seite hochzog.

Ich hatte nichts mehr unter Kontrolle und eine Scheißangst.

Das alles ging etwa 30 Sekunden.

Dennoch eine gefühlte Ewigkeit, rückblickend.

Als es aufhörte, rief ich im Spital an.

Es wurde in kürzester Zeit ein MRI gemacht, um zu schauen, was den epileptischen Anfall, so hieß es, ausgelöst hatte.

Emotional war ich wirklich fertig und sehr aufgelöst.

Wann hörte das alles denn bitte auf?

Diesmal saß ich alleine bei der Besprechung, als die Ärztin mir sagte, dass eine Metastase am Kopf weitergewachsen war und noch eine kleine neue sich gebildet hat. Und sie war schon recht groß geworden.

Sie empfahlen mir eine OP oder alternativ eine Bestrahlung.

Ich willigte in die OP ein, bei der die Metastase operativ entfernt wurde.

Diesmal war ich ruhiger und klarer als sonst.

Mich beschäftigten diesmal ganz andere Dinge.

Es waren die anderen, die nervös waren.

Werner nahm sich ohne Weiteres eine Woche frei.

Meine Mama Silvia und meine Freunde zündeten Kerzen für mich an, dachten an mich oder beteten.

Meine Ärzte, Therapeutinnen, Station und Seelsorger waren alle da.

Ich weiß noch, wie mein damaliger Professor vorbeikam und wir den neuen Plan besprachen.

Nach der Op eine Woche lang eine stationäre Bestrahlung.

Anschließend eine neue Therapie aus täglich eingenommenen Chemo-Tabletten und alle zwei Wochen Immuntherapie.

Bei ihm weinte ich bitterlich.

Körperlich hatte der Anfall Spuren hinterlassen.

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Die linke Seite war durch den Anfall schwächer geworden und ich hatte Mühe beim Gehen.

Aus heutiger Sicht weiß ich nicht mehr genau, wie alles war, aber ich weiß: Jeder, wirklich jeder, hat sich bemüht, mir Sicherheit zu geben in der Unsicherheit, die sie selbst alle hatten.

Ich ging zwei Tage vor der OP ins Spital, da ich mich dort sicher fühlte.

ich bekam glücklicherweise noch ein Termin bei einem Psycho-Onkologe. Im Besprechungszimmer weinte ich wie ein Schlosshund, er sagte ganz ruhig, sehr bestimmt und liebevoll:

Frau Schneider: „Jetzt hilft nur gnadenlose Selbstakzeptanz.“

Der Satz hatte innerlich eine große Wirkung in mir, damals wie noch heute, dass ich losließ.

In dem Moment wurde es wieder leichter und ich schöpfte neue Zuversicht.

Ich als damaliger Kontrolleur hatte gar nichts mehr unter Kontrolle und entschied mich zu Vertrauen.

 
 
 

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